[Talk-at] Neighbourhoods in Wien
Friedrich Volkmann
bsd at volki.at
Wed Feb 14 21:06:03 UTC 2018
On 07.02.2018 21:29, Stefan Nagy wrote:
>>> glaubst du, die Leute von links und rechts der
>>> Nikolsdorfer Straße erkennen sich dort als Nikolsdorfer?
>>
>> Es wär interessant, von Tür zu Tür zu gehen und sie zu fragen.
>> Zumindest ob sie was von Nikolsdorf wissen. Bei den jüngeren,
>> zugereisten sind die Antworten vorhersehbar, interessant sind die
>> Senioren. Wenn du Lust hast, können wir das mal gemeinsam versuchen.
>> Ich wohne auch nur 1½ km entfernt.
>
> Wie ich deinen Berichten entnehme, hast du mit solchen Gesprächen eine
> gewisse Praxis. Ich mach sowas – ganz ehrlich – nur sehr ungern. Auch
> wenn mich die Ergebnisse so einer Befragung schon interessieren würden…
Ich komme viel herum und habe wenig Scheu, Leute, denen ich begegne,
anzusprechen. Von Tür zu Tür gehen und die Leute aus dem Schlaf klingeln tu
ich normalerweise nicht, aber wenn wir das für die Wissenschaft machen,
brauchen wir uns keine Gewissensbisse machen, schließlich tun genug andere
das gleiche aus weniger gemeinnützigen Gründen.
> Ganz besonders ärgerlich ist es, wenn man zum
> Beispiel als Historiker dann zweien gegenüber steht, die ihr in der
> Schule vermitteltes Geschichtsverständnis – und das eint die Laien –
> für die Krone der Schöpfung halten…
Es ist halt ein Dogma der Pädagogik, dass Lehrer ihren Schülern den
Unterrichtsstoff vereinfacht und mit voller Überzeugung vermitteln müssen.
In Wahrheit hat jedes Ding zwei Seiten und zu jeder Lehrmeinung gibt es
Alternativtheorien. Das dürfen Lehrer ihren Schülern nicht sagen, denn
abgesehen davon, dass manche Alternativtheorien den Lehrer ins Gefängnis
bringen würden, würden die Schüler auch ihre Lust am Lernen verlieren. Wer
will schon etwas lernen, was vielleicht eh nicht stimmt? Wenn der z.B. ein
Geschichtslehrer seinen Schülern von Illigs Phanthomzeitthese erzählt und
vielleicht sogar erwähnt, dass sie noch nicht so recht widerlegt werden
konnte, wie sollen diese Schüler dann noch motiviert sein, das Krönungsdatum
von Karl dem Großen auswendig zu lernen? Darum wird an den Schulen ein
schwarzweiß gemaltes Bild der Welt vermittelt, was aber nicht nur ein
unkritisches Denken zur Folge hat, sondern auch eine völlige Intoleranz
gegenüber anderen Meinungen.
> Aber am Ende steht eben einfach die
> Erkenntnis, dass ich schlicht versagt habe, meine Position verständlich
> und überzeugend darzulegen. Darin hab ich mittlerweile einige
> Erfahrung…
In diesem Thread hast du deine Position verständlich genug dargelegt, aber
wie gesagt, jedes Ding hat zwei Seiten. Nikolsdorf in OSM zu mappen hat Vor-
und Nachteile, und die kann man nur subjektiv bewerten.
> Ich sehe trotzdem keine Grundlage dafür, die Namen früherer Vorstädte
> oder Dörfer als heutige suburbs oder neighbourhoods einzutragen –
> außer, die Namen werden heute von vielen verwendet.
>
> Ich werde mich also sicher nicht für die Löschung von Inzersdorf oder
> Oberlaa einsetzen. Mir gehts hier um Nikolsdorf, Hungelbrunn,
> Matzleinsdorf, Hundsturm, Magdalenengrund, Laimgrube, Gumpendorf usw.
> usf.
Für mich spricht für eine Beibehaltung in OSM vor allem die Subjektivität
der Bekanntheit. Wenn ich einen Namen noch nicht gehört habe, kann ich nicht
daraus schließen, dass du ihn auch noch nicht gehört hast. Ich kann es
bestenfalls vermuten. Selbst wenn du als Anwohner den Namen noch nicht
gehört hast, heißt das noch nicht, dass er völlig unbekannt oder in
Vergessenheit geraten ist. Ich kam als Höhlenforscher schon mit Leuten ins
Gespräch, die nicht wussten, dass auf ihrem Grundstück eine im Kataster
geführte Höhle existiert. Also eine Höhle, die einen Namen und eine
Katasternummer hat und komplett vermessen wurde. In einem Fall war am
Eingang sogar die Katasternummer angeschrieben. Soll die Höhle in so einem
Fall nicht gemappt werden, weil sie dem Anwohner unbekannt ist? Oder soll
sie gemappt werden, aber ohne Name? Das ist ein Fass ohne Boden.
Wenn wir beschließen, nur jene Vorstädte zu mappen, die heute noch bekannt
sind, werden Mapper je nach persönlichem Wissensstand und Tageslaune die
place-Nodes eintragen oder löschen, diese werden verschwinden und wieder
auftauchen wie Pulsare. Erst vor 2 Monaten hat jemand Nikolsdorf von
neigbourhood auf suburb aufgewertet, d.h. er hätte den Node zweifellos
angelegt, wenn er zu dem Zeitpunkt nicht existiert hätte.
Das heißt nicht, dass ich Vorstädte wie Nikolsdorf unbedingt als place-Nodes
in OSM haben will, aber wenn etwas nicht klar falsch ist und sich sowieso
nicht verhindern lässt, dann können wir wenigstens dafür sorgen, dass das
Tagging konsistent bleibt und die Lage stimmt.
Ich finde, die Vorstädte sind noch das geringere Übel im Vergleich zum
Wildwuchs an Flurnamen, die aus alten Karten und aus der Basemap
abgeschrieben werden. Heute stieß ich zufällig auf einen Edit von einem
User, den ich als sehr gewissenhaft kenne, der aber nach meinem Geschmack
hier etwas übers Ziel hinausgeschossen hat:
http://www.openstreetmap.org/changeset/44234570
Während ich mir bei Nikolsdorf vorstellen kann, dass der eine oder andere
ältere Bewohner den Namen noch kennt, glaube ich nicht, dass sich
irgendjemand bewusst ist, in der "Kraut Soßen" zu wohnen. :-)
--
Friedrich K. Volkmann http://www.volki.at/
Adr.: Davidgasse 76-80/14/10, 1100 Wien, Austria
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