[Talk-de] Karten-Projektion Merkator

Arne Johannessen arne at thaw.de
Di Dez 29 15:29:55 UTC 2015


Markus <liste12A45q7 at gmx.de> wrote:
> 
> "Most of OSM, including the main tiling system,
> uses a spherical Mercator projection. "

Ja, erfunden von Google. Besondere Merkmale:
- einfach zu rechnen
- geringe Formverzerrungen, sieht "bekannt" aus
- riesige Größenverzerrungen (z. B. Grönland/Afrika)
- die Welt wird zum Quadrat


> Warum machen wir das so?

Weil sie einfach ist, weit verbreitet und somit kompatibel ist und die Nachteile nicht zu groß sind. Insbesondere sind die Größenverzerrungen der Mercator-Abbildung in mittleren und größeren Maßstäben speziell für unsere Slippy Map kein Problem.


> Welche Alternativen gibt es?

Die interessante Frage wäre, welche /sinnvollen/ Alternativen es gibt und wie sich das umsetzen ließe. Kartennetzentwürfe sind Versuche, die unregelmäßig runde Erdkugel in einer flachen Ebene abzubilden. Dabei muss zwangsläufig irgendwas verzerrt werden. Der Mercator-Entwurf hat im Randbereich z. B. wortwörtlich unendlich große Flächenverzerrungen, weshalb er niemals den kompletten Planeten abbilden kann. Je nach Kartenzweck sind mal die einen, mal die anderen Verzerrungen akzeptabel oder sogar erwünscht.

<http://www.boehmwanderkarten.de/kartographie/netze/world_bonne_45.jpg> zeigt beispielsweise den Bonneschen Herz-Entwurf. Trotz der dubiosen Form wird der Planet komplett abgebildet (sogar flächentreu). Die großen Formverzerrungen machen dieses Netz aber in der Praxis untauglich. Für eine Slippy Map könnte es bedeuten, dass z. B. in San Francisco die Golden Gate Bridge rechts der Innenstadt gezeichnet würde – verwirrend für jeden, der Ortskunde hat.

Ähnliche Probleme ergeben sich bei den meisten interessanten Entwürfen. Benötigt würde für die Slippy Map also evtl. eine Lösung, für kleine Maßstäbe ein anderes Kartennetz zu wählen als für große Maßstäbe, und auf irgendeinem Zoom-Level umzuschalten. An der Hochschule Karlsruhe hörte ich diesen Sommer Ideen dazu, aber ich weiß nicht, ob sich daraus irgendwas ergeben hat.

Andererseits ist es heutzutage dank leistungsstarker Desktop-Rechner vielleicht möglich, das Rendern vom Server auf den Browser zu verlagern, wie der schon genannte Mapzen-Post es macht. Dann könnte der Browser natürlich jeden beliebigen Netzentwurf rechnen und z. B. in San Francisco die gesamte Karte einfach so drehen, dass Norden oben ist (wie es der Mapzen-Post auch demonstriert). Ob all das dann aber mit jedem Client einschließlich Smartphones performant funktioniert, ist fraglich.

<http://www.boehmwanderkarten.de/kartographie/is_netze.html> hat eine Liste zahlreicher Kartennetze mit bunten Bildern und ein paar Anmerkungen zur Tauglichkeit für bestimmte Kartenzwecke.


> Welche OSM-Karten nutzen welche Alternative?
> Warum?
> 
> Wie machen das Google? Wikipedia? andere grosse Anbieter?
> Was sind die jeweiligen Vorteile?

In Slippy Maps kenne ich nur Google-Mercator, von vereinzelten Experimenten abgesehen.


> Spezialfrage:
> Was bedeutet "equidistant cylindrical projection"?

sog. Plattkarte, siehe <http://www.boehmwanderkarten.de/kartographie/is_netze_cyl.html#cylinder_abstandstreu>
"WGS Geographic" in JOSM


> wann wie warum macht das Sinn?

Eigentlich nie, wegen der starken Verzerrungen und weil eben heutzutage bessere Abbildungen auch nicht teuer zu rechnen sind.


-- 
Arne Johannessen





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