[Talk-de] Daten aus der OpenGeoDB

Arnulf Christl arnulf.christl at wheregroup.com
Mi Apr 4 20:30:08 UTC 2007


On Tue, April 3, 2007 14:53, Joerg Ostertag (OSM Munich/Germany) wrote:
> On Tuesday 03 April 2007 14:08, Andreas Hubel wrote:
>> Hi,
>>
>> warum sind den die Daten aus der OpenGeoDB noch nicht in der OSM?
>> Lizenztechnisch sollte es da ja keine Probleme geben, den sie sind ja
>> inzwischen als gemeinfrei freigegeben.
>
> Was ich in Erinnerung habe ist bisher nicht klar gewesen, ob die quellen,
> damit derived auch frei waren und damit mit der osm lizenz übereinstimmen.
> Aber das wäre sicher interessant, wenn du das klären könntest.
>
> --
> Jörg (Germany, Munich)

Hallo,
die Postleitzahlen kommen ursprünglich mal von mir und sind immer noch
unter allen denkbaren Lizenzen als FDL, PGL (die ist leider immer noch
nicht fertig), Free-Beer oder Allgemeingut zu haben. Ich habe die Daten
2001 kommerziell erworben und da mir der Verkäufer keinerlei Auflagen
gemacht hat habe ich sie umgehend ins Netz gestellt. Es sind vollständige
Polygone mit einer Genauigkeit von ca. 15 Metern und dem Stand von 1999.
Da die inzwischen mehrere zehntausend mal runtergeladen sind sollten sie
eigentlich inzwischen gleichmässig verteilt sein. Ich habe sie schon als
gemeinfrei wieder getroffen und auch gesehen, dass sie in einem
proprietären Projekt verkauft wurden. Ich warte noch darauf, dass mich mal
ein Klageanwalt für die Post verklagt, die "Postleitzahl" an sich gehört
nämlich rechtlich gesehen der Post. 8-[ Jawohl. ...aber ich bin dafür zum
Glück wohl nicht reich genug. ;-)

Aber: Das Thema ist beileibe nicht trivial, wie viele, viele Threads in
allen möglichen Listen immer wieder zeigen und es ist nicht endgültig
geklärt. Es gibt immer noch *keine einzige* Freie und Offene Lizenz, die
für Geodaten zur Anwendung kommen kann und weltweit rechtsgültig wäre. In
Europa gibt es ein Datenbank-Richtlinie, in den USofA nicht. Die Briten
spinnen (zumindest das Ordnance Survey), die Neuseeländer haben alle ihre
öffentlichen Daten kurzerhand an einen privaten Anbieter verkauft(!) und
kaufen sie jetzt stückchenweise zurück. Haha. Es gibt einhundertausend
Wege es falsch zu machen und alle sind ausprobiert worden. Nein, mir ist
auch kein richtiger Weg bekannt, ich bin aber weiter auf der Suche.

OSM hat allerdings das Potential durch die Schaffung von unglaublich
vielen Fakten einen so prominenten Präzedenzfall schaffen, dass sich
irgendwann mal jemand rechtlich damit auseinandersetzen muss.

Noch was am Rande, nur zur Vollständigkeit. "Kommerzielle Software" oder
"kommerzielle Daten" gibt es nicht. Gemeint wird damit meist "proprietäre"
Software oder Daten, aber das ist ein gewichtiger Unterschied. Proprietär
bedeutet "in Besitz genommen" und "eigentümlich" [1] damit verbunden sind
Eigentums*ansprüche*. Nutzungsrechte können dabei meist nur über den
Erwerb einer beschränkten, kostenpflichtige Lizenz erworben werden. Das
ist der Versuch, ein Geschäftsmodell wie wir es aus der Marktwirtschaft
mit Waren kennen auf Digitales zu übertragen. Das führt unweigerlich zu
Problemen, weil verlustfrei kopiert werden kann, dem Verkäufer also kein
Verlust entsteht. Wenn einer eine Banane verkauft ist sie dann weg. Wenn
ich digitale Daten kopiere und weitergebe habe ich sie (mit minimalen
Kosten) dupliziert. Problem für unser ganzes Rechtgfüge. Wo kommen wir
denn da hin! Unser eher bodenständiges (dummes) Recht hat dafür keine
Handhabe. Anwälte sind auch nicht besonders interessiert, weil man mit
*Klagen* Geld verdient und nicht mit der Verteidigung von Allgemeingut.
Unser Problem.

Die Grenze, ob etwas kommerziell genutzt wird oder nicht ist auch
fließend, manchmal sogar fluktuierend, je nachdem wen man so fragt. Freie
Software wird aber auf jeden Fall andauernd täglich millionenmal für
kommerzielle Zwecke eingesetzt, das ist vollkommen legal und wird in der
GNU GPL (die angeblich "schlimmste" Lizenz) auch ganz explizit bestätigt
und erwünscht. Von irgendwas muss man ja auch leben.

Die Einschränkung ist allerdings, dass man niemand sonst *verbieten* darf
die Daten zu nutzen, zu kopieren, zu vervielfältigen und zu verbessern -
das ist der springend Punkt. Proprietäre Lizenzen zeichnen sich deshalb
durch "Du darfst nicht..." aus. Hat mit "kommerziell" nichts zu tun. Freie
Lizenzen zeichnen sich durch die Gewährung von Freiheiten aus "Du
darfst...".

Entschuldigung für die umständliche Erläuterung, aber wir sollten uns
nicht die Butter vom Brot nehmen lassen, nur weil ein paar Proprietäre
sich selbst nicht gerne als proprietär, sondern lieber als "kommerziell"
bezeichnen, weil sich das besser verkaufen lässt.

Die PLZ liegen immer noch auf SourceForge im Projekt "mapbender", aber im
OGC WKT Format (zugegeben wenig gebräuchlich). Wer es drigend anders
braucht kann mich gerne auch direkt antickern. Die Daten ziehen demnächst
zum OSGeo Geodata Committee um, weil sie dort besser zu finden sind, dann
als OGC GML und Shape-Datei.

Gruß,

-- 
Arnulf Christl
http://www.osgeo.org

[1]
http://dict.leo.org/ende?lp=ende&lang=de&searchLoc=0&cmpType=relaxed&sectHdr=on&spellToler=on&search=proprietary&relink=on






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