[Talk-de] 1 Jahr Lähmung von OSM durch Lizenzwechsel?

Tirkon tirkon33 at yahoo.de
Mo Aug 23 22:37:07 UTC 2010


Ich war schon einige Male versucht, den voraussichtlichen
Umstellungstermin der OSM Lizenz anzufragen. Nun hat Frederik in einem
anderen Thread den Zeitpunkt auf Frühjahr/Sommer 2011 geschätzt. Das
kann also bis zu einem Jahr sein. Ich war bisher davon ausgegangen,
dass wir uns in der Schlussphase befinden und in den nächsten Wochen
die Sache gegessen sei.

Neben dem bisher beschriebenen Datenverlust und der drohenden Spaltung
von OSM in zwei Projekte (Fork) (,was Mapper und Datenbanknutzer
gleichermaßen verunsichert), sehe ich noch weiteres erhebliches
Schadpotential: 

Nach meinem Eindruck lohnt es sich für das nächste Jahr kaum noch
* zu mappen
* neue Mapper zu werben
* für die Nutzung der OSM-Daten zu werben
* Maßnahmen zu ergreifen, welche die Verbesserung und
Daten-Vervollständigung von OSM fördern

Im Gegenteil kann nach nach meinem Eindruck Usern nur davor warnen,
bis zu Lizenzwechsel weiter zu mappen, wenn Sie dann nicht die große
Enttäuschung erleben wollen.

Begründung:
In OSM wurden zunächst die Autobahnen, Hauptstraßen und dann die
wichtigsten Durchfahrtsstraßen gemappt. Diese Edits liegen zudem am
weitesten zurück. Die Chance darauf, dass gerade diese Straßen aus OSM
verschwinden, ist erheblich größer, als bei Nebenstraßen, die erst
später gemappt wurden. Die Gefahr, dass OSM durch den Lizenzwechsel
sein Grundgerüst verliert, ist groß. Ferner teilen sich die
Nebenstraßen den Punkt, an dem sie auf eine Durchgangsstraße treffen.
Fällt die Durchgangsstraße weg, dann fehlt womöglich ausgerechnet der
wichtigste, nämlich der Kreuzungspunkt.

Die Gefahr, dass man am Ende ein Straßennetz behält, das vollkommen in
der Luft hängt und damit den Namen "Netz" eigentlich nicht mehr
verdient, ist groß.

Viele User - auch ich - haben durch das Eintragen von administrativen
Grenzen und Beschaffen von Straßenlisten für dieselben den Ehrgeiz bei
anderen Usern wecken wollen, "ihr" Gebiet auf eine 100%
Straßenerfassung zu bringen.

Ich hatte eigentlich vor, in diesem Sommer/Herbst in großem Stile
Vereine (Angler, Radfahrer, Wanderer, Schiffsportler etc) zu besuchen
und Vorträge an Volkshochschulen in der Region zu halten. Ferner
wollte ich in der Bürgersprechstunde von Gemeinderatssitzungen, deren
Verwaltungen und bei Fremdenverkehrsverbänden auftreten, um für die
Nutzung von OSM zu werben. 

Aber wie kann ich es verantworten, irgendjemand zum Mappen zu
animieren, wenn ich jetzt schon weiß, dass er möglicherweise für den
Hosenboden mappt, weil er auf löschgefährdetem Material aufsetzt. Wie
kann ich es verantworten, jemand zur Nutzung von OSM zu bewegen, wenn
die Karte in einem Jahr möglicherweise den Namen "Netz" nicht mehr
verdient.

Vor diesem Hintergrund ist es mir absolut unverständlich, dass die
Befragung der User zum Lizenzwechsel nicht schon längst durchgeführt
wurde. Ferner verstehe ich nicht, wieso das Ganze noch fast ein Jahr
andauern soll. Diejenigen User, die von der Lizenz-Diskussion nichts
mitbekommen, werden aus allen Wolken fallen. Viele werden es später so
auffassen: Man läßt sie jetzt schon seit mehreren Monaten und noch für
ein weiteres Jahr ins offene Messer laufen. Man lässt sie mappen,
obwohl man jetzt schon weiß, dass Vieles dieser Arbeit für den
Hosenboden ist. Der User wird sich vera..... und verschaukelt
vorkommen. Insbesondere die Bemühungen um eine 100%- Erfassung waren
vollkommen für die Katz und man kann wieder von vorn anfangen.
Angesichts dieser Tatsache werden viele engagierte und auch mühsam
geworbene Mapper das Handtuch werfen. 

Es gibt derzeit auch keine Möglichkeit, vorzubeugen. So kann ich nicht
* sicherheitshalber das ganze Netz inklusive der jetzt schon
vorhandenen Straßen neu mappen. 
* die Daten eines anderen Users löschen und neu anlegen. 
* Straßen ein zweites Mal eintragen. 
* die Mappings anderen Users unter der neuen Lizenz bestätigen. 
All das kann ich selbst dann nicht, wenn ich das Gebiet komplett und
systematisch befahren habe.

Ich denke, man sollte unverzüglich die Userbefragung beginnen. Ferner
sind technische Möglichkeiten überfällig, den alten Datenbankbestand
jetzt schon unter der neuen Lizenz zu sichern.

Wir sollten uns darüber klar werden, dass wir bei OSM ebenso wie bei
Wikipedia mit einer neuen Form von freien Projekten zu tun haben. Bei
den bis dahin bekannten freien Programmen haben im Prinzip alle
dasselbe getan, nämlich programmieren. Bei Wikipedia gliederte sich
das Ganze in zwei Gruppen, nämlich Programmierer und
Content-Schreiber. Dabei geschieht die Kommunikation bei Wikipedia
nahezu ausschließlich auf einer einzigen Plattform, nämlich Wikipedia
selbst. Die Hilfe, Diskussionen, Schlichtung und Abstimmungen etc
erfolgen alle dort. 

Anders als bei Wikipedia - wo sie im Wesentlichen "dienende" Funktion
haben - kommt den Programmierern bei OSM die wesentliche gestaltende
Funktion zu. Zudem spielt sich alles auf unendlich vielen Plattformen
ab. Dadurch operieren die Mapper sehr abgeschirmt von den
Progrmmierern. OSM teilt sich - anders als bei Wikipedia - in zwei
Welten. Daher bekommen die Mapper sehr wenig davon mit, was "da oben"
läuft. Ich denke, dem OSM Board kommt hier als "verwaltendes Organ",
als das es sich nun auch offiziell postuliert hat, die Aufgabe zu,
schnellstmöglich Konzepte zu entwickeln, die der oben beschriebenen
Entwicklung entgegensteuern und die Mapper nicht länger ins Messer
laufen zu lassen. 





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