[Talk-de] Bundesratsinitiative für "StreetView-Gesetz"

Norbert Kück osm at nk-bre.net
Sa Jul 10 08:36:07 UTC 2010


Hallo,

am 09.07.2010 23:02 schrieb Tobias Knerr:
> [...] Momentan betrifft uns dieses Gesetz wohl noch nicht.
Richtig, es betrifft uns nicht.

> Das Gesetz dürfte es aber auch für die Zukunft unmöglich machen, den
> Street-View-Daten von Google eine freie, nach dem Wiki-Prinzip
> gesammelte Alternative gegenüberzustellen: Abgesehen vom nötigen
> Verwaltungsapparat für die Einsprüche wäre es unmöglich, bei einer
> nicht zentral organisierten Datensammlung eine vorherige Bekanntgabe
> nach Vorgabe des Gesetzes durchzuführen. Damit hätten Konzerne wie
> Google einen gesetzlich garantierten Vorsprung gegenüber der
> OpenData-Community.
Das liest sich wie: "Wir sind doch die Guten - wie kann man uns in
unserem positiven Tun so behindern wollen?!"

Mir als Bürger ist es völlig egal, wer meine personenbezogenen Daten
sammelt und verbreitet - ich will das "Recht auf informationelle
Selbstbestimmung" in jedem Fall durchsetzen können. Und daher überlege
ich andererseits auch genau, welche Daten ich erfasse.

Wenn man tatsächlich ein StreetView-Surrogat schaffen will, sollte man
es datentechnisch und organisatorisch sauber von OSM trennen. Man würde
übrigens bald erkennen, dass der technische Aufwand enorm ist und die
Community aufgrund ihrer inhomogenen Ausstattung nichts anderes
hervorbringen kann als StreetView-Muckefuck.

Die Gesetzesänderung würde - wenn sie denn so käme - das geringere
Hindernis sein. Hier sind entscheidende Neuerung die Klarstellungen
(ableiten hätte man das ohnehin können), dass die Bilderfassung von
Straßenansichten datenschutzrelevant sein kann und "blickschützende
Vorrichtungen" die Inanspruchnahme der Rechtsgrundlage "allgemeine
Zugänglichkeit" verhindern. Letzteres trifft bei Google aufgrund der
extremen Kameraposition auf die Zwölf - Google überwindet damit
systematisch blickdichte Zäune etc. und fotografiert so Dinge, die bei
normaler Augenhöhe dem Betrachter verborgen sind. Die neue Pflicht zur
öffentlichen Mitteilung ist für eine dem Community-Prinzip folgende
Organisation schlicht nicht erfüllbar: Großflächig ist die Erfassung
(bei Erfolg) nur im Ergebnis - da wäre eine Foundation gefragt. Die kann
aber eine Erfassung nicht planen (also Aufträge an die Mapper erteilen)
und es ist ihr daher nicht bekannt, wann wo Mapper unterwegs sein
werden, die man öffentlich ankündigen könnte. Kein Gesetz zwingt zu
Handlungen, die tatsächlich nicht zu leisten sind. (Hinzu kommt, dass
diese Foundation möglicherweise ihren Sitz im EU-Ausland und keine
Niederlassung im Inland hat; dann gilt nicht dieses Gesetz, sondern das
Datenschutzrecht im Sitz-Land.)
Der einzelne Mapper macht keine großflächige Erfassung im Sinne des
Gesetzes (siehe Entwurfs-Begründung).

"Wenn sie denn so käme" schrieb ich einerseits aus der allgemeinen
Beobachtung, welche Wandlungen manch ein Text während der Gesetzgebung
erfährt (sieht man schon hier im Vergleich der Entwürfe Hamburgs und
schließlich des Bundesrats), und andererseits aufgrund der Haken und
Ösen im Entwurf. Meine Schätzung: Das bleibt so nicht.

Ganz klar: Das Gesetz in der BR-Beschlussfassung regelt nicht das
georeferenzierte Fotografieren und Filmen allgemein, sondern greift nur,
wenn dies 1.) großflächig UND 2.) zum Zweck des Bereithaltens im
Internet zum Abruf für jedermann oder zur Übermittlung an jedermann
erfolgt. Die großflächige Erfassung mit Bereithaltung für eine
geschlossene Benutzergruppe bzw. die nicht-großflächige Erfassung zur
allgemeinen Veröffentlichung im Internet sind nicht betroffen. Die erste
Variante werden die Datenkraken sofort ausnutzen: Immobiolienansichten
nur für Mitglieder gegen Cash.

Dass die Leute inzwischen so sensibilisiert sind, dass sie auch
"friedliche" OSMapper kritisch beäugen und befragen, lässt mich
innerlich jubeln. Ich nutze diese Ansprachen gerne für Informationen
über OSM. Die Flyer der Geofabrik sind da übrigens SEHR hilfreich und
werden gerne angenommen (ich muss auch gerade wieder welche erbitten).
Das "Open" sollte auch im Sinne von Offenheit gegenüber den Anwohnern
verstanden werden.

Gruß
nk






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