[Talk-de] Baumreihen, Alleen an Straßen

Christian Müller cmue81 at gmx.de
Do Aug 11 21:26:34 UTC 2011


Am 11.08.2011 21:13, schrieb Albrecht Will:
> Hallo Martin und Tobias,
>
> das ist doch schon was. ABER: Ich denke, die Information ist nicht 
> ausreichend. Gutes Kartenmaterial macht es vor - Baumreihe links oder rechts 
> oder beidseitig. So müßte es sein. 
> Von CAD her gedacht, sind solche Liniensignaturen durchaus nichts besonders. 
> (Linie + Kreis, definierter Abstand zur Linie und Anstand der Kreise 
> untereinander). Je nach Richtung der Linie sitzen die Kreise links oder 
> rechts.
> Ließe sich das machen?

Nein - Josm oder OSM sind kein CAD, sondern "captured reality".  Es wäre
IMHO sogar falsch im Editor solche komplexen Funktionen zur Konstruktion
anzubieten, denn es verleitet dazu, die Realität mathematisch genauer
abzubilden, als sie es ist.

OSM sammelt Daten der Realität.  Beim CAD geht es mehr darum, sie zu
manipulieren.  Vgl. ein math. Modell eines erträumten Landschaftsparks,
der dann gebaut wird.  Wenn Du das Ergebnis dann in OSM erfasst, sollte
es Ziel sein, der Realität näher zu sein, als dem CAD-Vorbild.

Auf dein Beispiel bezogen: Ein Baum der Allee könnte fehlen, nicht alle
Bäume haben evtl. den gleichen Abstand, etc. pp.  Weiterhin, wenn Du mit

natural=tree_row
denotation=avenue

eine Linie neben die Straße setzt, lässt sich ausrechnen, ob eine Allee
die Straße säumt.  Alternativ kannst Du Allee und Straße auch mittels
Relation verknüpfen.  Das wird z.B. häufig bei straßenbegleitenden Rad-
und Fußwegen praktiziert.

Während der Planungsphase einer zu gestaltenden Landschaft ist es in
CAD-Systemen durchaus wünschenswert, Allee und Straße im Datenmodell so
verknüpft zu haben, dass sich die Allee automatisch mitbewegt, wenn man
die Straße verlegt (oder umgekehrt).  Im Abbild der Realität, welches
OSM nahe kommen möchte, ist das weniger nötig - häufig betreffen
Änderungen (Baumaßnahmen) dann nur ein Feature - also Abholzen der
Allee, Umnutzung der Straße, Renaturierung, etc.

Es gab eine ganze Zeit lang viele Proposals, welche zum Ziel hatten, die
Erfassung von Linienbündeln zu vereinfachen.  Einige Lösungen blieben
dabei, nur eine Linie für eine 4-spurige Straße mit 2 Tramgleisen, sowie
Fuß- und Radwegen links und recht zu erfassen, um dann mit einem
Plethora an Tags zu beschreiben, was diese Linie eigentlich darstellen
soll.  Andere waren dafür, selbst für jede Fahrspur eine Linie zu
erfassen und den gemeinsamen Bezug über eine Relation darzustellen.

Heute ist ein Mix in OSM zu finden - bei kompliziert abzubildenden
Kreuzungen ist schonmal ein way pro Fahrspur zu finden, unkomplizierte
Straßen bei welchen alle Features weitgehend parallel verlaufen werden
tatsächlich mit einer noch überschaubaren Menge an Tags erfasst (etwa
lanes=2, footway=track, cycleway:right=lane).

Ich persönlich halte es so, dass all das, was baulich getrennt ist,
durchaus auch getrennt erfasst werden sollte.  Konkret wird also z.B.
eine Fahrradspur als Tag der Straße, auf der sie markiert ist, erfasst
(etwa cycleway:right=lane) und ein baulich getrennter Radweg als extra
Linie/way, denn oft hat der auch andere Eigenschaften, z.B. 
Oberflächenbeschaffenheit oder Zugangsbeschränkungen.  Es ist aber nicht
falsch wenn Du z.B. während der Erfassung einer größeren Straße einfach
cycleway=track setzt, wenn Du weißt, dass links und rechts baulich
getrennte Radwege verlaufen, aber keine Lust hast, sie separat zu
zeichnen / zu erfassen.  Ich verstehe auch eine Bordsteinkante als
bauliche Trennung, andere verstehen erst unüberwindbare Hürden als
bauliche Trennung (z.B. Grünstreifen mit Busch, etc.) - das ist also
z.T. eigene Ermessensfrage des jew. Mappers.


Zurück zu deiner Allee:  Sie ist baulich getrennt, also sollte sie
getrennt erfasst werden.  Wenn Du oft zur Straße strikt parallele Alleen
erfassen willst, empfehle ich Merkaartor - der Editor kann parallele
Ways zeichnen.  In Josm kannst Du Dir mit der Funktion behelfen, die
Flächen rechteckig macht - Fläche tempörär zeichnen, auf den gleichen
Knoten, welche die parallel zu richtenden Ways stützen, dann "q"
drücken, temp. Fläche wieder löschen.


Vorteile: Leute, die es später überhaupt nicht interessiert, ob da eine
Allee ist, können die Geometrie ohne viel Aufwand filtern.  Umgekehrt
lässt sich ausrechnen, ob eine Allee neben der Straße existiert und wenn
der Verlauf nicht interessiert, dann einfach per Tag am highway hinzufügen.

Nachteile: Die Erfassung erfordert das Hinzufügen von
Geometriedaten/Linie+Tags.

Es gibt große Ähnlichkeiten des Problems zu den Abwägungen, die bei der
Erfassung eines straßenbegleitender, baulich getrenntem Radweges zu
treffen sind - daher habe ich die Darstellung oben auch mit
aufgenommen.  Schlussendlich musst Du selbst entscheiden, wie weit Du gehst:

- erfassen als Attribut der Straße/highway
- erfassen als Linie+Tag neben der Straße/highway
- evtl. zusätzliches Binden der Geometrie an die Straßenrelation


Gruß,
Christian






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