[Talk-de] Craftmapping

Frederik Ramm frederik at remote.org
Do Jan 4 14:39:29 UTC 2018


Hallo,

   mich treibt seit einigen Monaten eine Idee um. Mir scheint, dass das
"Craftmapping" bei OSM und vorallem auch im "politischen" Bereich, der
OSMF, zunehmend unter den Tisch fällt.

"Craftmapping" (zu deutsch: "handwerkliches Kartieren"?) ist in meinen
Augen die traditionelle OpenStreetMap-Arbeit: eine Gegend, die man
selber kennt, mit allen verfügbaren Mitteln (vorallem mit Ortsbegehung)
auf die Karte zu bringen. Da können Luftbilder schon eine Rolle spielen,
aber "Craftmapping" ist sicherlich nicht das großangelegte Abpinseln
eines Luftbildes in einem Land, dessen Kultur mir fremd ist, und
sicherlich auch kein Datenimport und keine Anwendung von künstlicher
Intelligenz, um auf Luftbildern Straßen erkennen zu können.

All diese anderen Dinge können auch interessant sein und Spass machen,
aber sie sind in meinen Augen nachrangig. Ich mappe auch gern mal als
"Luftbildtourist" irgendwo in fremden Landen oder schreibe ein Programm,
das irgendwas ändert, aber mir ist dabei klar, dass OSM nie zu dem
geworden wäre, was es heute ist, wenn sowas die normale Herangehensweise
wäre.

Das alte Mapping-Handwerk wird aber zusehends mit Füssen getreten. Es
vergeht keine Woche, in der nicht wieder irgendwo jemand jammert, dass
man ohne einen groß angelegten Import ja niemals alle Häuser in Kanada
oder alle Tankestellen in England mappen könnte, weil es viel zu viel
Arbeit sei. Es beschäftigen sich mittlerweilse Leute beruflich mit
OpenStreetMap, denen nach eigener Aussage ihre Zeit zu schade ist, um
fehlende Daten an ihrem Wohnort zu erfassen; man könne mehr zu OSM
beitragen, heisst es dann, indem man seine anderen Qualitäten in den
Dienst der Sache stellt, als Projektleiter in einem Datenimport-Projekt
oder sonst irgendwas.

Ich finde das alles sehr bedauerlich; das Craftmapping ist meiner
Ansicht nach identitätsstiftend für OpenStreetMap. Es ist das, was uns
als Community zusammenhält, worüber wir reden können, wenn wir uns
treffen, es ist das Boot, in dem wir gemeinsam sitzen.

"Craftmapper", mich eingeschlossen, werden leicht in die Ecke der Ewig
Gestrigen gestellt - Leute, die immer nur "gegen" alles Neue sind. Was
ich gern erreichen würde, ist dass "Craftmapping" wieder etwas positives
ist, dass man hervorhebt, was daran gut und wichtig ist, dass
Craftmapping ein Breitensport ist (im Gegensatz zum anderen sehr
IT-lastigen Disziplinen in OSM, die nur einer viel kleineren Gruppe
offenstehen).

Irgendwie gibt es niemanden, der für das Craftmapping eine Lanze bricht.
Die Craftmapper machen alle so ihr Ding und interessieren sich wenig für
den Rest. In der OSMF, die ja immerhin einige wichtige Dinge in OSM zu
entscheiden hat, sind sie vermutlich mittlerweile sogar in der
Minderheit, hinter denen, für die OSM zuvorderst ein Technikprojekt oder
ein humanitäres Projekt ist. Auch das ist ein Problem.

Ich möchte, dass man mit Stolz sagen kann: Ich bin ein Craftmapper,
Leute wie ich haben das hier aufgebaut. Und nicht nur ein paar
Großmäuler, sondern alle - *gerade* auch die, die keine Computer-Gurus
sind und halt einfach mal ein paar Daten in ihrem Stadtviertel erfasst
haben.

Ich habe keine konkreten Pläne, was man tun könnte, um dieses
Craftmapper-Selbstbewusstsein zu stärken, ich wollte nur mal die Idee
hier loswerden und vielleicht eine kleine Diskussion anfangen,
vielleicht Ideen sammeln, was man tun könnte, oder ob ich das ganze
total übertrieben sehe...

Bye
Frederik

-- 
Frederik Ramm  ##  eMail frederik at remote.org  ##  N49°00'09" E008°23'33"




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