[Talk-de] Nicht alle CoC sind schlect! Re: Werdet Mitglied in der OSM Foundation!

Stefan Kaufmann transit at shutterworks.org
Sa Nov 3 18:03:00 UTC 2018


Am 01.11.18 um 23:48 schrieb Christoph Hormann:

>> Also dieser Interpretation moechte mich angesichts real existierendem
>> Faschismus und seinen real existierenden Auswirkungen dann doch sehr
>> entschieden entgegenstellen. [...]
> 
> Jeder kann das natürlich sehen wie er möchte - mich überzeugen würde 
> jedoch nur ein inhaltiches Argument, welches die Existenz gemeinsamer 
> Züge widerlegt.

So funktioniert das nicht, Christoph. Wir leben in einer Zeit weltweit
erstarkenden Nationalismus, in der sich selbst angesichts der sehr
diffusen Faschismus-Begrifflichkeit dann doch recht gute Parallelen
ziehen lassen: Die vermeintliche „Rueckbesinnung“ auf die jeweilige
Volksgemeinschaft, die es abzugrenzen gilt, wobei dann auch
Schiessbefehle an Grenzen und die Internierung der „Fremden“ in Lagern
auf einmal nicht nur denk- sondern auch relativ konsequenzfrei sagbar
werden, etc. etc.

Natuerlich steht es dir frei, die Menschen, die einen CoC befuerworten,
in ihrer Argumentation fuer strukturell aehnlich zu befinden. Du musst
dann halt in Kauf nehmen, dass man dich angesichts dieser
Meinungsaeusserung vielleicht nicht so ganz ernst nimmt.


> Die faschistischen Züge, die ich hier sehe, sind vor allem der 
> totalitäre Anspruch und das dichotome Menschenbild - meist in Form 
> einer Klassifikation von Menschen entweder als privilegiert oder 
> marginalisiert, als Täter oder als Opfer mit unterschiedlichen 
> grundsätzlichen Rechten.  Es geht mir hier nicht um den Begriff, 
> sondern um die Merkmale, die dahinter stehen.  Vergleichen ist nicht 
> das selbe wie gleich setzen.

Dann beziehst du in diesen Vergleich aber ueberhaupt nicht die Rolle
struktureller Machtverhaeltnisse mit ein. Typische faschistische
Elemente waeren zB die Herstellung einer um ein Fuehrerprinzip
militaerisch/hierarchisch organisierten National- und Volksgemeinschaft,
die einen Hegemonialanspruch gegenueber anderen Nationen oder „Voelkern“
geltend machen will.

Bei CoCs geht es vielfach ganz im Gegenteil darum, Machtverhaeltnisse zu
dekonstruieren und im Zweifel ueberhaupt erstmal sichtbar zu machen und
zu benennen. Es geht nicht darum, eine homogene Gemeinschaft zu bilden,
die besser als „die anderen“ sei, sondern innerhalb der Gemeinschaft zu
analysieren, wer zu Macht kommt, sich Macht greift und ggf. auf welche
Weise Macht verteidigt.
Die Arbeitshypothese ist, dass innerhalb von Gemeinschaften vielleicht
einige (in der Regel diejenigen, die nicht negativ von
Machtungleichgewichten betroffen sind) der Ansicht sind, dass alle
Beteiligten die gleichen Rechte haben – sich de facto aber nur bestimmte
Gruppen auch die Durchsetzung dieser Rechte sichern.

Ich bin dieser Diskussionen im keine-Ahnung-wievielten-Jahr offen
gestanden ein wenig ueberdruessig. Ich habe das frueher sehr gerne
diskutiert, mittlerweile finde ich es aber etwas ermuedend, dieselben
Debatten immer wieder mit Leuten zu fuehren, die einem als allererstes
gleich mal faschistoides Verhalten unterstellen. Ich hoffe, dass mein
entnervtes Augenrollen dabei im Zweifel als „ohgott nicht _schon_
wieder, muss ich das jetzt _nochmal_ aufrollen“ interpretiert wird,
anstatt als Ausdruck totalitaeren Anspruchs.

regards,
-stk

PS: Wer der Ansicht ist, Gruppen mit CoCs wuerden einem faschistoiden
Fuehrerprinzip folgen, hat vermutlich noch nie in einem Plenum diskutiert ;)




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