[Talk-de] Von Wikipedia lernen
Matthias Versen
spam at mversen.de
So Apr 25 13:00:52 UTC 2010
Hallo Frederik
> ich mache mir Sorgen, wenn ich die Wikipedia betrachte. Trotz allem,
> was die Wikipedia erreicht hat, ist das kein Projekt mehr, dass ich
> irgendwie sympathisch finde. Das Projekt macht auf mich den Eindruck,
> als ob es langsam an Buerokratie zu Grunde geht. Die Dynamik und der
> freie Geist, den das Projekt frueher hatte, werden erstickt in Regeln,
> Rechten, Hierarchien.
Ich denke das dies eine Folge des Wachstums ist.
Am Anfang von Wikipedia war die Form eines Artikels egal, man war froh
um jeden Inhalt der erstellt wurde. Mittlerweile ist Wikipedia die
einzig verbliebende Enzyklopädie.
Dadurch ist der Anspruch an die Qualität extrem gestiegen und die
Bedingungen eines guten Artikels werden zwangsweise durch Regeln definiert.
Das sorgt einerseits für eine gewisse Qualität aber andererseits auch
dafür, das es Einsteigern viel schwerer gemacht wird neue Inhalte zu
erstellen. Das Projekt hat sich bedingt durch das Wachstum geändert und
das ist bei sehr vielen Projekten der Fall weil es einfach nicht anders
geht. Auf einzelne User kann man da immer weniger Rücksicht nehmen und
die "freiheiten" in dem Projekt werden zwangsweise beschnitten.
Ich habe sowas übrigens in abwandelter Form auch bei Mozilla miterlebt
und in OSM wird etwas ähnliches passieren außer das Projekt setzte sich
nicht durch. Man muss versuchen das beste daraus zu machen.
> faellt. Altgediente Wikipedia-Mitarbeiter wenden sich ab; Leute, die
> Jahre ihres Lebens wirklich mit dem Herzen am Projekt hingen, sind
> verbittert und enttaeuscht. Es bildet sich eine Clique, ein innerer Kreis.
Das ist eine Folge der Änderung des Projektes durch das Wachstum.
Die Regeln sind eine Folge des Wachstums weil dadurch die Leute sich
immer mehr auf die Füße getreten haben was in unendlich langen
Diskussionen endet. Ich denke die meisten werden mitbekommen haben das
sich gewisse Diskussionen einfach nicht lösen lassen weil am Ende keiner
mehr nachgeben will. Der Spiegel Artikel zeigt so ein extremes Beispiel.
> Es ist auch denkbar, dass es ab einer gewissen Projekt-Groesse einfach
> gar nicht mehr anders geht; eventuell ist "nur 10% der Arbeit kommen dem
> Projekt zugute" vielleicht wirklich das theoretisch moegliche Maximum.
> Fuer mich steht fest, dass bei der Wikipedia einiges falsch laeuft, aber
> es ist denkbar, dass es so, wie es laeuft, die "am wenigsten falsche"
> Moeglichkeit ist, etwas zu erreichen.
Bei Wikipedia sind IMO die Regeln durch die enstandenen Diskussionen zu
streng geworden und beschneiden die Freiheit des Projektes zu stark.
> Ich stelle mir die Frage, ob unser Projekt OpenStreetMap Gefaehr laeuft,
> sich aehnlich zu entwickeln, ob wir auch in eine Richtung steuern, bei
> der wir uns immer mehr von "denen da draussen" abkapseln, mehr und mehr
> unsere eigenen Regeln aufstellen, Buerokratie aufbauen, Hierarchien
> erzeugen, schliesslich bezahltes Personal beschaeftigen muessen, weil
> wir unseren eigenen Freiwilligen nicht mehr ueber den Weg trauen
> koennen, und und und.
>
> Aus Sorge vor verkrusteten Strukturen bin ich ja immer gleich einer der
> ersten, der dagegen argumentiert, wenn mal wieder jemand mit
> irgendwelchen Demokratie-Ideen fuer OpenStreetMap ankommt. Meiner
> Ansicht nach hat ein fehlgeleitetes Verstaendnis von Demokratie zu der
> Misere bei der Wikipedia beigetragen - sowas wie die "Relevanzkriterien"
> ist automatisches Produkt des verzweifelten Versuchs, irgendetwas
> "gerecht" zu machen. Viele nehmen an, dass es automatisch gerecht ist,
> wenn wenigstens klare Regeln existieren, nach denen entschieden wird.
Relevanskriterien gibt es auch bei OSM und die sind auch notwendig.
Sollen in OSM auch Flugrouten, Gullideckel, Grashalme, Bahnschwellen,
unterirdische Leitungen und ganz übertrieben einzelne Atome gemappt werden ?
Es gibt auch noch andere Regeln in OSM : wie tagge ich etwas
(straßenschilder mit Abkürzungen oder nicht, Multipolygone......)
Es gibt kaum Diskussionen in Gegenden, wo ein/zwei Mapper alles
einpflegen. Kommen dann neue User ind er Gegend dazu, dann kann es
durchaus Diskussionen geben und das wird immer schlimmer, je mehr User
OSM gewinnt.
Man muss eine gute Balance für OSM finden aber das wird nicht einfach
werden. Ab einer gewissen größe wird sich die Community nicht mehr
vernünftig selbst organisieren können ohne Regeln und Admins.
Matthias
Mehr Informationen über die Mailingliste Talk-de