[Talk-de] Was ist relevant für OSM (war: Wochennotiz Nr. 76)

Frederik Ramm frederik at remote.org
Di Jan 3 14:50:46 UTC 2012


Hallo,

On 01/03/2012 02:23 PM, Stephan Wolff wrote:
> Die Beobachtung ist richtig, aber man könnte auch folgern, dass sich
> mehr vernünftige Leute beteiligen sollten, um solche Fehler zu
> verhindern.

Ich bin der Ansicht, dass es falsch ist, sich auf einer theoretischen 
Ebene mit Taggingregeln zu beschaeftigen, aber genau das passiert hier. 
Man sollte sich erst dann damit beschaeftigen, wie man einen Parkplatz 
taggt, der nur von rollstuhlfahrenden Eltern benutzt werden darf, wenn 
man wirklich konkret vor einem solchen Parkplatz steht und das 
Beduerfnis hat, dieses Detail auch wirklich zu erfassen. (Idealerweise 
sollte man auch mindestens eine Applikation nennen koennen, die das 
Detail sinnvoll auswerten kann.)

Was hier passiert, ist das Gegenteil davon - eine Art Brainstorming im 
Elfenbeinturm. "Was koennte es denn sonst noch alles fuer 
Einschraenkungen geben, lasst uns die mal sammeln und katalogisieren", 
und dann darf jeder sich freuen, wenn im etwas noch abstruseres 
einfaellt. Ich kenne solche Wettbewerbe unter Nerds und ich mache da 
auch zuweilen gerne mit, aber nicht fuer ein Tag-Proposal, das am Ende 
einem Neuling suggeriert, er solle sich jetzt an diese Regeln halten.

> Nebenbei, aus welchem Proposal stammt das absurde Beispiel?

http://wiki.openstreetmap.org/wiki/Proposed_features/access_restrictions_1.5#Mixture_of_modes_and_roles

>> Der durchschnittliche Blog-Leser weiss womoeglich nicht, dass diese
>> Abstimmungen keinerlei Relevanz fuer OSM haben und koennte durch eine
>> Erwaehnung in der Wochennotiz irrtuemlich zu der Annahme kommen.
>
> Ich finde diese Aussage herabwürdigend gegenüber denjenigen, die sich
> dort beteiligen.

Ich finde, dass viele der Diskussionen, die dort gefuehrt werden, 
durchaus einen herabwuerdigenden Kommentar verdient haben. Es mag ja 
sein, dass ein oder zwei vernuenftige Leute dort gegen Windmuehlen 
kaempfen, aber die sind sicher in der Minderheit. Ich schreibe das bloss 
nicht jedesmal da rein ;)

> Was ist denn relevant für OSM?

Relevant fuer OSM ist, was fuer viele Mapper relevant ist.

> Das Wiki? Dort stehen Ergebnisse der kritisierten Abstimmungen oder
> Einzelmeinungen eines Schreibers

Ja. Das Wiki kann m.E. dort relevant sein, wo es die gaengige Praxis in 
OSM dokumentiert, wo also das Verhalten tausender Mapper in einem 
Wiki-Artikel destilliert wird. Handelt es sich hingegen um eine 
Diskussion ueber eine Neuerfindung, so ist das nur fuer die 10 Leute 
relevant, die daran teilnehmen, und keinesfalls fuer OSM im ganzen.

> Die Nutzungshäufigkeit eines Tags? Dann wären die Tiger-Daten der
> Goldstandard für OSM

Ich wuerde sagen "die Anzahl verschiedener Menschen, die in Tag 
benutzen" ginge in die richtige Richtung.

> Die Zahl der User, die ein Tag aktiv einsetzen? Vielleicht ja, aber die
> Zahl ist kaum zu ermitteln

Ich wuerde sagen, die Zahl ist sogar sehr leicht zu ermitteln, da 
braucht es einen History-Planet, ein Perlskript und 2-3 Tage Zeit.

> Das russische Forum? Es hat jedenfalls die meisten Posts

Fuer das Tagging in Russland wuerde ich durchaus das russische Forum als 
autoritativ bewerten. Wenn die sich dort ueberlegen, dass sie irgendwas 
auf eine bestimmte Art machen wollen, dann ist das doch ok. Solange ich 
nicht in Russland mappe, muss ich mich damit natuerlich auch nicht 
beschaeftigen.

> Das deutsche Forum?
> Die talk und tagging Mailinglisten?
> Die talk-de Mailingliste?

Wir haben keine Tagging-Autoritaet. Entweder gelingt es jemandem, andere 
von seiner Meinung zu ueberzeugen, oder es gelingt ihm nicht. Ich 
persoenlich ziehe es vor, zu versuchen, normale Mapper von meiner 
Meinung zu ueberzeugen und nicht die Leute, die im Wiki ueber neue Tags 
abstimmen, denn das sind in aller Regel eben genau die, fuer die jede 
zusaetzliche Komplikation ein Gewinn ist. ("Ich lehne dieses Schema ab, 
denn es kann keine Banken modellieren, in denen ein Geldautomat und 
zugleich auch ein oeffentliches Telefon installiert ist", hypothetisches 
Beispiel).

> Kaum jemand kann alles lesen oder sich sogar überall beteiligen.

Ja. Und deswegen waere es auch voellig falsch, ein von 15 Leuten 
ausgedachtes neues Tag ploetzlich per Osm-Blog in den Rang einer 
faktischen "Nachricht" zu erheben. Ein Abstimmungsergebnis im Wiki hat 
etwa den gleichen Wert wie "drei Mapper in Frankfurt-Sued haben sich 
jetzt geeinigt, Parkbaenke wie folgt zu taggen...". Es ist ja gar nicht 
*falsch* oder *schlecht*, wenn drei Mapper in Frankfurt-Sued sich 
einigen, das so zu machen, aber deswegen muss man nicht gleich so tun, 
als ob jeder andere das genauso machen muesste.

> Das Proposal-Voting-Verfahren ist _eine_ Form der Userbeteiligung.
> Es hat den Vorteil, dass man keine langen Diskussionen sondern nur
> einen strukturierten Vorschlag lesen muss und sich mit sehr geringem
> Aufwand an der Abstimmung beteiligen kann. Die Beteiligung bei
> Abstimmungen ist mit typisch 15-30 Nutzern gemessen an der Gesamtzahl
> der Aktiven sehr gering, aber deutlich höher als bei typischen Foren-
> oder Mailinglisten.

Verstehe ich jetzt nicht. Auf dieser Liste hier schreiben Hunderte von 
Leuten, das ist doch "gemessen an der Gesamtzahl der Aktiven" mehr als 
"15-30"?

> Alle Stimmen haben den gleichen Wert und niemand
> muss fürchten, wegen seiner Meinung angegriffen zu werden.

Das kann man aber auch umformulieren in "niemand muss seine Meinung 
begruenden oder verteidigen". Das mag Sinn machen in einer Demokratie, 
und die Leute koennen *fuer sich* gern auf diese Weise Entscheidungen 
treffen, aber so ein Prozess - in dem beliebige Leute eine Stimme 
abgeben koennen, ohne sie begruenden oder verteidigen zu muessen - 
sollte nicht in eine oeffentliche Empfehlung fuer oder gegen ein 
bestimmtes Tag muenden.

Bye
Frederik




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